Wir fahren dorthin, wo sonst niemand hinfährt. Fast hätte es nicht geklappt, weil sich bei 37 Grad im Schatten genau da eine Wolkenfront bildet, wo unser Ziel ist. Klar könnte man auf der Interstate den kurzen Weg nach Grand Junction nehmen, was alle anderen Motorradfahrer tun, froh, der brutalen Hitze entfliehen zu können. Wir wagen es trotzdem und werden belohnt. Auf dem 37 Kilometern windet sich der Rim Rock Drive vom Westeingang bei Fruita auf 2000 Meter, wo ein frischer Wind bläst und die Temperaturen angenehm sind. Die Wolken sind wie weggeblasen.
Unterwegs hierher haben wir am Flaming Gorge, auch so ein unglaublicher, kaum frequentierter Landstrich, zwei Rocker getroffen, die mit ihren Harleys erst an uns vorbeigedonnert sind und sich am nächsten Vista Point anboten, uns zu fotografieren: Jim and John, zwei Mitglieder der „Punisher“, wie ihre Kutten unschwer erkennen lassen. Auf Nachfrage stellt sich heraus, dass Jim und John Polizisten sind und die Punisher eine Berufsorganisation von Motorradfahrern. Sie sind seit zwei Wochen unterwegs und haben 5000 Meilen heruntergespult. Das ist ein Wort. Respekt.
Im Colorado Monument kommen wir aus dem Staunen nicht heraus. Was für ein Naturschauspiel. Die Slalompiste folgt dem Canyonrand, man blickt aus dem Augenwinkel in 600 Meter Tiefe. Lothar will es fast nicht glauben: Zwischen ihm und dem Abgrund gibt es keine Leitplanke. Die berechtigte Frage von Christian, wie das alles entstanden sind, beantwortet Wikipedia gerne: Wind und Wasser, Hitze und Frost hat tiefe Abbrüche, steile Felswände und unverwechselbare Steinformationen geformt. Die Gesteinsschichten sind zwischen 1,5 Milliarden und etwa 80 Millionen Jahren alt; ihr Farbspektrum, das von orange über rot und purpur bis braun reicht, verdankt es den Einlagerungen von Eisen und anderen Mineralien.
Am Abend in der örtlichen Brauereigaststätte Rockslide werfen wir unseren Vorsatz über Bord, heute mal kein Bier zu trinken. Und bereuen es nicht: Die Liste der Craftbiere wäre eine komplette Bierprobe wert. Es gibt 12 Fassbiere. Wir entscheiden uns für das Widowmaker Wheat, ein Weizenbier, dass völlig neue Geschm,ackswelten eröffnet. Naja, es schmeckt halt anders, aber gut. Ein Rabbit Ears Amber Ale bringt uns wieder in die Nähe unserer Gewohnheiten. Das Malz kommt übrigens aus Colorado, außer dem fürs „Kölsch“. Das kommt aus Germany.