VON CHRISTOPH FISCHER
Endlich ist die Weltmeisterschaft auch in unserem Dorf angekommen. In Porto Seguro und Umgebung gab es Feuerwerke. Bei jedem Tor, das die Brasilianer beim 4:1 über das ausgeschiedene Kamerun erzielten, haben Brasiliens Pyrotechniker Böller und Raketen in die Luft gejagt. Wie bei uns an Silvester. Was schon ein ziemlich eigenartiger Kontrast zu den Lebensbedingungen in Bahia ist. Aber so ist der Brasilianer. Lebensfreude ist ein hohes Gut.
Die Hälfte der Weltmeisterschaft liegt hinter uns. Und der Germane ist gut dabei. Auch wenn dem einen oder anderen meine Prognosen in dieser Zeitung vielleicht zu optimistisch erscheinen, mein Eindruck ist mittlerweile schon, dass die deutsche Mannschaft weitgehend optimal auf dieses Turnier vorbereitet ist. Und ich habe noch keine Mannschaft bei diesem Turnier gesehen, gegen die die Mannschaft von Joachim Löw unlösbare Probleme haben könnte. Moment, mit einer Ausnahme vielleicht: Der Niederländer spielt bisher eine großartige Weltmeisterschaft. Na gut, die Franzosen auch. Deren Vorteil vielleicht sogar ist, dass Superstar Franck Ribéry nicht dabei ist. Aber das ist alles Spekulation.
Überhaupt ist alles Spekulation bei dieser Weltmeisterschaft. Auch diese Zeilen. Keine Spekulation sind die Leute in unseren Dorf. Die sind real, die sind, wie sie sind. Da verstellt sich keiner, wir verstehen uns, da wir keine gemeinsame Sprache sprechen, inzwischen nonverbal sehr gut. Keine gemeinsame Sprache zu haben, ist und bleibt ein Problem, nicht nur in Brasilien. Was ein wenig hilft, sind spanische Sprachteile, die man im Kopf hat und die man in Bahia ganz gut zur Verständigung zusammenbasteln kann.
Eine Wohltat ist immer wieder, Mario zu treffen. Sie wissen schon, der freundliche Pensionär, der den Medienshuttle auf der Halbinsel der Deutschen organisiert und fließend englisch parliert, was in Bahia die große Ausnahme ist. Mario hat jeden Tag eine neue Geschichte. Und er zweifelt immer noch ein wenig an seinen Brasilianern, obwohl er sie weiter im Finale erwartet.
Gerade auch nach dem 4:1 über Kamerun, das im brasilianischen Fernsehen gnadenlos überbewertet wird. Mario hat das nicht überrascht. Fünf Tore in einem Spiel, das ist es, was der Brasilianer sehen will. Selbst ein Skeptiker wie Mario.