Ein Schwabe in Rio de Janeiro

VON CHRISTOPH FISCHER

Bei Marcio würde man nie darauf kommen, dass er Stuttgarter ist. Marcio ist in Rio de Janeiro geboren und im Alter von zehn Jahren mit seinen Eltern in Baden-Württembergs Metropole angekommen. Graphikdesigner wollte er werden, das hat nicht ganz geklappt, dann hat er sich für die Musik entschieden. Als Model hat er auch gearbeitet, bei einigen Foto-Shootings bei Hugo Boss in Metzingen ist er gewesen. Kennt er alles, Marcio ist ein netter junger Mann, ein ruheloser Mensch, also ausgesprochen unschwäbisch.

In Rio ist er jetzt Reiseleiter. Und er unterscheidet sich von allen anderen, die uns bisher zugemutet wurden, dadurch, dass er sich wirklich auskennt. Mit Marcio mit dem Bus unterwegs zu sein, ist wirklich eine verlässliche Angelegenheit. Insofern doch schwäbisch. Man weiß, woran man bei ihm ist. Immer rechtzeitig am richtigen Ort.

Vor der Weltmeisterschaft ist er nach Rio de Janeiro zurückgekommen. „Nach der Weltmeisterschaft ist tote Hose“, sagt er. Was er dann macht, ist offen. „Winter in Brasilien, nichts los.“ Ob er nach Stuttgart zurückkehrt, weiß er noch nicht. „Bisher habe ich immer noch einen Job gefunden.“ In Brasilien ist das keine Sache von Zeugnissen oder Qualifikationen, sondern von Beziehungen. „Wenn du dich ordentlich bewirbst wie in Deutschland, dauert es ein Jahr, bis einer reagiert.“ In Brasilien geht eben alles langsamer, sehr viel langsamer, unendlich langsam.

Vielleicht geht er deshalb zurück, vielleicht bleibt er auch noch bis zu den Olympischen Spielen 2016, vielleicht geht er zurück und ist rechtzeitig vor Olympia wieder hier. Marcio entscheidet sich immer spontan. Am liebsten produziert er Musik, Hip Hop, Rap, Samba, Bossa Nova, er kombiniert das auch gerne. Man kann sich das vielleicht nicht vorstellen, aber es verkauft sich, sagt Marcio. Und zwischendurch verdient er sein Geld als Reiseleiter oder er unterrichtet Deutsch an brasilianischen Schulen.

Momentan ist noch soviel Geld vorhanden, erzählt Marcio, dass er es auch eine Weile ohne Job in Rio aushalten würde. Marcio Fernandes hat nicht nur in der Musik gelernt, jede Zielgruppe zu bedienen. Marcio ist wirklich flexibel. Wie der deutsche Bundestrainer und seine Mannschaft. Nicht nur im Fußball offensichtlich ein Erfolgsrezept.

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