VON CHRISTOPH FISCHER
Wir sind angekommen in Marseille. Und auf dem Place de Prado vor dem Stade Velodrome herrscht endlich Betrieb wie bei einer Europameisterschaft. Wenn man aus Evian-les-Bains anreist, kommt man aus einer anderen Welt. Marseille ist mit 860000 Einwohnern die zweitgrößte der Republik, außerdem die älteste des Landes, in dieser Stadt scheint an 300 Tagen im Jahr die Sonne. Diese Stadt ist nicht die sauberste, aber es ist eine, in der auslebend gelebt wird.
Auf dem Place de Prado blüht der Schwarzmarkt. Das Stade Velodrome wurde mehrfach umgebaut, vor der Europameisterschaft das letzte Mal vor der Weltmeisterschaft 1998. Es liegt mitten im Wohnviertel, wie sich das der Fußballfreund traditionell wünscht. Ganz fertig geworden sind sie mit dem Umbau nicht, 67000 Zuschauern passen aktuell hinein, früher war das eine Radrennbahn, geblieben ist davon nur der Name.
Wir sind am Mittelmeer angekommen, 38 Grad Celsius in der Sonne. Das Halbfinale zwischen Weltmeister Deutschland und Gastgeber Frankreich ist das vorletzte Spiel der Euro 2016. Wir sind einmal mehr fast 600 Kilometer unterwegs gewesen. Über die Autobahn. Wenn man durch die zahlreichen Maut-Stationen fährt und den Betrieb sieht, muss man das alles unweigerlich für eine Goldgrube halten. Da müssen Milliarden verdient werden.
Am Vortag unserer Reise nach Marseille haben wir noch einen Abstecher nach Avoriaz gemacht. Dort macht die Tour de France am 23. Juli Station, vorletzte Etappe vor Paris. Wenn man die endlosen Kehren zu dieser an eine Weltraumstation erinnernden menschenleeren Hotelbauten hochfährt, in der nur im Winter Hochbetrieb herrscht, kann man sich vorstellen, was in Menschen vorgeht, die diese Kehren mit dem Rad bewältigen.
Hoch-Savoyen freut sich auf die Tour. Mehr, als sie sich auf den Fußball gefreut haben. Das ist in Marseille anders, in dieser Stadt steht der Fußball nicht nur wegen Olympique Marseille hoch im Kurs. Irgendwie prägt auch der Sport die Landschaften Frankreichs. Und umgekehrt.