Acht Stunden sind wir mit dem Auto unterwegs gewesen. Von Porto Seguro nach Salvador, der Metropole von Bahia. 2,7 Milllionen Menschen leben hier, wohnen kann man das oft nicht nennen. Es war eine schweißtreibende Fahrt. Und wir kamen erst in der Arena Fonte Nova an, als Arjen Robben das 2:1 gegen die Spanier markierte. Also sehr spät, mit den Nerven fertig und den Kräften am Ende. Aber akkreditiert sind wir jetzt endlich.
Mit dem 5:1 der Niederlande gegen den amtierenden Weltmeister Spanien hat die Weltmeisterschaft ihre Initialzündung erlebt. In Pelourinho, der historischen Altstadt von Salvador, haben wir ein Zimmer gefunden. Und Marcel ist der erste Brasilianer, den wir getroffen haben, der Deutsch spricht. Marcel hat es in einem Seminar des Goethe-Instituts gelernt. Er mag die deutschen Klassiker in der Literatur, klassische Musik mag er auch. Normalerweise arbeitet Marcel in einem Krankenhaus. Im Moment verkauft er in der Nähe des Stadions Parkplätze und betätigt sich als einer, der den ahnungslosen Europäern den Weg weist.
Der Parkplatz kostet 30 Real inoffiziell, und die Wegweisung Marcels war für 50 Real zu haben. Aber man kann diesen Menschen nicht wirklich böse sein, dass sie an dieser Weltmeisterschaft, die mit ihrem Steuergeld finanziert wird, auch ein wenig verdienen wollen. Eine Kollegin von Marcel bittet uns um ein paar Real, weil in notdürftiger Behausung Kinder etwas zu essen haben wollen. Wir haben ihre nichts gegeben, aber heute tut uns das schon fast leid. Wenn wir sie morgen wieder treffen, werden wir sie unterstützen.
Die Armut ist unvorstellbar. Und trotzdem verlieren diese Menschen nicht den Lebensmut. Abends in Pelourinho ist der Teufel los, die historische Altstadt in niederländischer Hand. Die Jungs aus unserem Nachbarland feiern buchstäblich bis zum Umfallen. Und der Wirt der Kneipe, der das Geschäft seines Lebens macht, stellt den Fernseher laut. Immer wieder laufen die Szenen des Spiels ab, die Tore von Robin van Persie und Arjen Robben. Und die Niederländer singen. Auch die Spanier machen mit. Obwohl es ihnen schwerfällt.
Und die brasilianischen Mädels aus dem Viertel sind emsig auf der Piste. Die Weltmeisterschaft in Brasilien hat angefangen. Und wenn man die Freude der Menschen sieht, ist aller Ärger über die missliche Anreise vergessen. Heute Abend fliegen Bundestrainer Joachim Löw und die Seinen in Salvador ein, am Montag geht es gegen Portugal. Der Konkurrent um den Titel sind jetzt die Niederlande, nicht mehr die Spanier.