VON CHRISTOPH FISCHER
Frühmorgens in Paris. Wenn das Leben erwacht. Wie viele Chansons haben sich daran schon abgearbeitet. Wenn unterhalb von Sacre Coeur auf dem Montmartre mit mir die Ersten des Tages und die Letzten der Nacht unterwegs sind, die Cafés eines nach dem anderen ihre Türen öffnen. Das entfaltet einen Charme, den man nur schwer beschreiben kann. Aber auf jeden Fall beschleicht einen das Gefühl, angekommen zu sein. Wenn man Paris mag. Ich mag Paris.
Ich habe heute meinen ersten Kaffee im Bistro Sans Gêne in der Rue de Legendre getrunken, ganz in der Nähe unseres Hotels Batignolles. Und im Figaro geblättert. Von der Europameisterschaft liest man in diesem Traditionsblatt nur eine Seite und dort ausschließlich die klugen Analysen der französischen Kolleginnen und Kollegen, die sich ebenso ausschließlich mit der Nationalmannschaft Frankreichs beschäftigen. Sie sind noch nicht zufrieden mit den Darbietungen ihrer Mannschaft, die im eigenen Land Europameister werden soll.
In den Cafés kommt man mit den Leuten ins Gespräch. Alle sagen, selbst die, die glaubhaft versichern, den Fußball zu lieben, dass in diesen Tagen längst nicht so intensiv über den Fußball gesprochen wird wie damals bei der Weltmeisterschaft 1998, als Zinedine Zidane die Mannschaft zum Titel führte. Die Stadt leidet schwer an den Bombenanschlägen vom November, vermutlich auch daran, wie die politischen Kräfte des Landes aus den Terrorattacken politisches Kapital zu schlagen versuchen.
Das ist die andere, die dunkle Seite, die in diesen Tagen in Paris, in ganz Frankreich und überhaupt nicht weg zu diskutieren ist. Und sie wird einem schlagartig bewusst, wenn man am Theater Bataclan an der Rue de Voltaire vorbeigeht, wo allein 89 Menschen starben. Und die Erinnerungsbilder der Todesopfer der Terrornacht am Place de la Republique anschaut, wie wir es heute getan haben. Es ist ein absolut erschütterndes Gefühl. Immer noch und immer wieder.