Am siebten Tage sollst du ruhen

VON CHRISTOPH FISCHER

Sie finden das jetzt vielleicht ein wenig ungewöhnlich, lieber Leser, aber das aktuelle Tagebuch beginnt heute mit einem bekannten Wort aus dem zweiten Buch Moses. „Sechs Tage sollst du deine Arbeit tun, aber des siebenten Tages sollst du feiern, auf dass dein Ochs und Esel ruhen und deiner Magd Sohn und der Fremdling sich erquicken.“ Zurück aus der Metropole Rio de Janeiro geht das Leben in Porto Seguro wieder seinen gewohnten Gang. Gefeiert haben wir zwar nicht, wir haben grippale Infekte bekämpft, die in Rio de Janeiro überfüllten Schreibblöcke abgearbeitet und die Zitate geordnet, Telefonate geführt, die anfallenden Termine besprochen, ansonsten aber war Ruhe angesagt. Wir sind jetzt seit dem 7. Juni auf der Piste, dieses Sportfest in Brasilien ist wirklich anstrengend. Und deshalb haben wir uns eine biblische Pause gegönnt. Moses hatte den Sonntag vorgesehen, wir haben den Samstag genommen.

Nach der Pause ist vor dem Stress. Heute ging es frühmorgens mit der Fähre wieder in Richtung Santo André. Die Nationalmannschaft trainiert heute noch einmal und macht sich dann auf dem Weg nach Belo Horizonte, wo Brasilien ohne Neymar am Dienstag der Halbfinalgegner ist. Bundestrainer Joachim Löw werden inzwischen in der Republik Lobeshymnen gesungen, woran Sie erkennen können, wie schnell in diesem Geschäft die Stimmung umschlägt. Wenn selbst die Kollegen eines bekannten Hamburger Nachrichtenmagazins schon fast euphorisch vermuten, einen derart wunderbaren Trainer habe die Republik eigentlich gar nicht verdient.

Wir bleiben auf dem Boden der Tatsachen. Es sind auf jeden Fall noch zwei Spiele, entweder geht es ins Finale zurück ins Maracaná oder zum Spiel um die goldene Ananas nach Brasilia. Was wir bevorzugen, ist bekannt, aber bis dahin ist noch ein gutes Stück Arbeit zu erledigen. Dass im Halbfinale die Creme des internationalen Fußballs aufeinandertrifft, war vielleicht nicht zu erwarten, überraschend ist es andererseits aber auch nicht. Deutschland gegen Brasilien und Argentinien gegen die Niederlande. Dass Bondscoach Louis van Gaal mit der Rochade seiner Torhüter vor dem Elfmeterschießen gegen Costa Rica neben dem brutalen Foul an Neymar das Gesprächsthema Nummer eins ist, kann nicht verwundern. Und der deutschen Mannschaft kann es nur Recht sein. Soweit man unmittelbar vor dem Halbfinale noch ein wenig Ruhe haben kann, die Deutschen haben sie auf ihrer Halbinsel. Und am Ende hat dann auch der Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhoff alles richtig gemacht mit dem Campo Bahia.

Die veröffentlichte Meinung in Deutschland scheint sich gedreht zu haben. Wie sich die öffentliche Meinung entwickelt, sieht man auf den Straßen der Republik. Es wird eine bewegte letzte Woche der Weltmeisterschaft. So oder so. Und seien Sie versichert: Die biblischen Sprüche haben bis zur Rückkehr nach Deutschland ausgedient.

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