VON CHRISTOPH FISCHER
Endlich sind wir im Herzen des Sportfestes. Vieles wird von Rio de Janeiro erzählt, selbst wenn man schon einmal kurz auf der Durchreise war und man meint, das eine oder andere zu kennen, alles dummes Zeug. Wenn man wirklich mittendrin ist in der Stadt, dann weiß man, es ist anders, das Gefühl ist anders, nach dreieinhalb Wochen in Brasilien total neu. Jedenfalls muss es hier sein, nirgendwo anders, wo das Herz der Fußball-Weltmeisterschaft schlägt.
Man kann so viele Bilder von der Christusstatue auf dem Corcovado gesehen haben wie man will, wenn man in Rio diese mächtige von Heitor da Silva Costa entwickelte und in Paris von Paul Landowski gefertigte Art Déco-Skulptur dann tatsächlich aus dem Zentrum dieser pulsierenden Metropole sieht, 710 Meter über Meereshöhe im Parc Nacional da Tijuca, dann breitet sich irgendwie ein Gefühl aus wie: Super, es ist schön, in Rio de Janeiro zu sein.
Den Menschen in Rio sind anders als in Porto Seguro, Rio ist europäischer, Brasilianer würden das weit von sich weisen. Aber in Rio ist es optimistischer. Die Leute im Hotel von uns in der Rua Senador Dantas sagen nicht, das fast alles nicht fertig geworden ist in Brasilien, sie sagen, dass alle Befürchtungen um diese Weltmeisterschaft einfach nicht eingetroffen sind. Dass diese Weltmeisterschaft untypisch ist für Brasilien, weil viel mehr fertig geworden ist als man sich das jemals hätte vorstellen können. Ein Geschäftsmann aus Los Angeles, der seit zehn Jahren in Brasilien lebt, sagte uns schon am Flughafen: „Ich weiß nicht, wie Sie darüber denken, aber für brasilianische Verhältnisse ist das fast perfekt.“
Wenn man dann, sagen wir, ein wenig ehrfürchtig, das Maracaná betritt, es ist leider nicht mehr das alte, aber es ist beeindruckender als vieles, was man vorher gesehen hat, dann beginnt man zu verstehen. Das Stadion passt zu dieser pulsierenden Metropole, die nie schläft. Die Copacabana haben wir noch nicht gesehen, die Kollegen, die länger in Rio sind, sagen zu mir, dass sich selbst ein Kölner nicht vorstellen kann, was da abgeht. Unglaublich soll das sein. Und friedlich vor allem.
Das Glück kommt zu dem, der warten kann. Hat irgendwann einmal mein alter Chef und Lehrmeister Professor Alfons Gerz vom Sport-Informations-Dienst gesagt. Ich weiß auch nicht, es kam mir irgendwie in den Sinn. Wenn man im Maracaná ist, fühlt man: Angekommen. Keine Übertreibung, wirklich nicht. Und zur Nachahmung unbedingt empfohlen.