RECIFE. Vor dem Duell zwischen den USA und Deutschland ist alles gesagt, dem »Showdown von Pernambuco« steht nichts mehr im Weg. Jürgen Klinsmann, der einstige Revolutionär des deutschen Fußballs, steht mit dem US-Team vor einem der größten Momente seiner Laufbahn, sagt er. »Das werde ich nicht mehr erleben, gegen meine ehemalige Mannschaft bei einer Weltmeisterschaft zu spielen. Das ist etwas Besonderes für mich.« Klinsmann wirkt fast ein wenig ergriffen von der Macht des Moments.
Die ganzen Spekulationen um Absprachen, Klinsmann kümmert das nicht. »Wir sind in Brasilien bei dieser Weltmeisterschaft nicht der Underdog, Deutschland ist die größte Hürde, die sich uns in den Weg stellt, aber wir wollen gewinnen«, sagt Klinsmann in Recife.
Auch Joachim Löw kennt in dem Duell mit den USA nur eine Option: Gewinnen. »Wir haben sehr viel Qualität. Wenn meine Spieler diese Qualität abrufen, werden wir das Spiel gewinnen.« Auch Löw beschäftigt sich nicht mit Nichtangriffspakten. »Wir wollen als Gruppenerster ins Achtelfinale. Wer ins Finale will, muss auf dem Weg dorthin jede Mannschaft schlagen, und wir spekulieren nicht über irgendwelche zukünftigen Gegner.« Und außerdem: »Wenn du dir ein Unentschieden vornimmst, klappt es nie.«
»Wenn du dir ein Unentschieden vornimmst, klappt es nie«
Klinsmann muss seiner Mannschaft nichts erzählen. »Es ist das größte Spiel für uns bei dieser Weltmeisterschaft, und wir wollen ins Achtelfinale«, sagt Fabian Johnson von 1899 Hoffenheim. Soccer ist inzwischen eine Nummer im US-Fernsehen, die USA fiebert mit ihren Fußballern, Millionen sitzen vor den Fernsehschirmen, wenn Jürgen Klinsmanns Team heute gegen die Deutschen antritt (18 Uhr/ZDF). Was sie mit der Weltmeisterschaft 1994 schaffen wollten, scheint 2014 endlich zu gelingen. Das sagt auch Klinsmann: »Der Fußball hat sich enorm entwickelt. Und ich bin stolz darauf, diese Mannschaft zur Weltmeisterschaft geführt zu haben und in die Zukunft führen zu dürfen.«
»Es ist einfach großartig, gegen Deutschland zu spielen«, sagt Klinsmann. Gut gelaunt wirkt er vor dem »Spiel der Spiele« in der Arena Pernambuco am Stadtrand von Recife: »Ich liebe meinen Job in den USA, wie ich meinen Job in Deutschland und beim FC Bayern geliebt habe, auch wenn es ein sehr turbulentes Jahr gewesen ist.« Klinsmann verspricht, dass »meine Spieler alles geben werden. Diese Weltmeisterschaft ist voller Überraschungen, und wir wollen eine dieser Überraschungen sein. Wir brauchen einen Punkt, wir haben unsere Hausaufgaben gemacht, wir sind bereit für Deutschland.«
Natürlich spricht Klinsmann auch über seine besondere Beziehung zu Joachim Löw. »Auch deshalb ist das Spiel besonders. Wir kommen beide aus Deutschlands Süden, wir waren Partner von 2004 bis 2006, bis zu dieser wunderbaren Weltmeisterschaft 2006 in unserem Land. Aber wir sind heute mehr als Partner, wir sind Freunde. Und diese Freundschaft wird unter diesem Spiel nicht leiden«, erzählt Klinsmann. Man werde sich »in drei Wochen« austauschen und über den Fußball im Allgemeinen und Besonderen reden. »Aber im Moment ist außer einer SMS zwischendurch nichts. Jogi macht seinen Job, ich mache meinen.«
»Wir wollen es Deutschland richtig schwer machen. Es wird eine Schlacht«
Löw bestätigt: »Egal, wie das Ding ausgeht, unsere Freundschaft bleibt davon unberührt.« Gegen die USA will Löw vor allem die Chancenauswertung verbessern. Alle deutschen Spieler sind fit: »Ich habe meine Entscheidung über die Aufstellung getroffen, aber ich werde sie nicht sagen.« Es gehe aber nicht um die Aufstellung, sondern um die Einstellung, ergänzte der Coach. Die Mannschaft habe unterschiedliche Lösungen parat. Möglicherweise rückt nach seinem Kurzeinsatz gegen Ghana Bastian Schweinsteiger für Sami Khedira in die Startelf.
Löw habe die deutsche Mannschaft weiterentwickelt, sagt Klinsmann, »es ist mir immer eine Freude, sie spielen zu sehen. Sie haben absolut das Potenzial, den Worldcup zu gewinnen. Wir denken dagegen von Spiel zu Spiel. Wo die deutsche Mannschaft ist, wollen wir hin. Mein Ziel ist, mein Team unter die besten Zehn der Welt zu bringen und dort zu etablieren«.
Klinsmann lebt mit seiner Familie seit 1998 in den USA, aber immer wieder betont er seine deutschen Wurzeln. »Das Deutschland meine Heimat ist und bleibt, muss ich nicht erklären, die Amerikaner verstehen das im Übrigen auch sehr gut. Dieses Spiel gegen Deutschland ist außergewöhnlich, und ich freue mich riesig und mit allem, was ich habe, auf diese Begegnung.« Man glaubt ihm das. Und dann sagt Klinsmann noch den Satz: »Wir wollen es Deutschland in Recife richtig schwer machen. Es wird eine Schlacht.« (GEA)