Richtig angekommen sind die Olympischen Spiele in Rio de Janeiro noch nicht. Am Tag der Eröffnungsfeier im Maracana denken die Brasilianer immer noch intensiver an den nächsten Spieltag der brasilianischen Fußball-Meisterschaft. Botafogo spielt am 18. Spieltag der Serie A auswärts bei Ponte Pedra, das nächste Heimspiel steigt Anfang September gegen Gremio Porto Alegre. Wenn die Leute in Botafogo den deutschen Schreiber an seiner Akkreditierung erkennen, fragen sie immer zuerst nach dem Fußball, erst dann nach Olympia.
Über 50 Prozent der Brasilianer sind gegen die Olympischen Spiele, Rio de Janeiro ist pleite, die 31. Olympischen Spiele der Neuzeit in Rio de Janeiro kosten umgerechnet aber zehn Milliarden Euro. Die Voraussetzungen sind alles andere als optimal. Das soll erst anders werden, wenn die Spiele eröffnet sind. Nicht nur das Internationale Olympische Komitee hofft darauf, dass die Negativschlagzeilen dann erstmalig der Vergangenheit angehören.
Möglicherweise eine trügerische Hoffnung. Präsident Thomas Bach unterstrich vor der internationalen Presse 24 Stunden vor der Eröffnungsfeier nochmals sein unbedingtes Vertrauen, dass auch diese Spiele im Sinne der Athleten über die Bühne gehen werden. Bach erwartet „großartige Spiele“ trotz der „schwersten sozialen, politischen und wirtschaftlichen Krise des Landes“. In seiner Entscheidung in der „Causa Russland“ habe er ein „absolut reines Gewissen“.
Die Geschichte wird weisen, ob Thomas Bach Recht behalten kann. In den Straßen von Rio de Janeiro interessieren die Worte des Präsidenten ohnehin kaum, die Menschen in Brasilien haben jeden Glauben an die Autoritäten verloren. In Botafogo und andernorts in Rio de Janeiro reden sie deshalb lieber über den Fußball. Möglicherweise sogar auch am Tag nach der Eröffnung der Spiele. (Christoph Fischer)