VON CHRISTOPH FISCHER
Es sind jetzt 28 Tage, die wir in Frankreich sind. Meist waren wir im Quartier des Weltmeisters in Evian-les-Bains am Genfer See, wir sind nach Lille, nach Paris, nochmals nach Paris, nochmals nach Lille und dann nach Bordeaux gefahren. Jetzt fahren wir nach Marseille, alles weitere wird sich finden. Haben wir Frankreich kennengelernt? Haben wir nicht. Haben wir die Franzosen kennengelernt? Ein wenig schon.
Egal, wo wir hingekommen sind, viel Interesse an Deutschland und der deutschen Mannschaft. Die meistern überzeugt von der Idee Europa. Immer hilfsbereit. Und sehr erfreut darüber, dass man sich ein wenig mit der französischen Sprache auskennt. Obwohl der Kollege des Schweizer Fernsehens, der mich zu den Chancen des Weltmeisters gegen Frankreich in Marseille befragen wollte, schnell einsah, dass es für die differenzierten Fragen doch nicht reicht. Der Kollege schaut verständnisvoll. Fragen auf Französisch, Antworten auf Deutsch, ca va.
Wir sind mit überaus gemischten Gefühlen nach Frankreich gefahren. Nach den Terroranschlägen. Es ist sehr anders geworden im Land seitdem. Was wir sagen können, ist, dass sich die Franzosen möglichst wenig davon beeinflussen lassen wollen. Sie wollen auch nicht ständig danach gefragt werden, daran erinnert werden, obwohl es sie tagtäglich beschäftigt. Mit dem Viertelfinalsieg der französischen Mannschaft kam erstmal so etwas wie Fußball-Begeisterung auf. Das was sehr schön zu sehen.
Manchmal denke ich, es wäre schön für die gebeutelten Franzosen und ihre Fußball-Mannschaft, wenn sie ausgerechnet im Stade de France, das die Terroristen im November für ihren feigen Anschlag ausgesucht hatten, Europameister würden. Es wäre schön für dieses wunderbare Land, wenn diese kontinentale Meisterschaft mit dem Titel für Didier Deschamps und Les Bleus zu Ende gehen würde. Es könnte ein Zeichen der Hoffnung sein. Feiernde Franzosen in der Nacht nach dem siegreichen Finale in Paris, ich würde es ihnen von Herzen gönnen.