Überall Gelb. Und überall die Zehn. Wenn Brasilianer Trikots kaufen, sind sie gelb und tragen die Nummer, die einst das Kölner Idol Wolfgang Overath trug. Soviel Zeit muss für einen Kölner sein, Aber ich wollte eine ganz andere Geschichte erzählen. Weil wir nicht in Köln, sondern in Rio de Janeiro sind.
Die Selecao, die brasilianische Fußball-Nationalmannschaft, prägt das Nationalgefühl weiter. Trotz Belo Horizonte 2014. Unser Portier, der im Glashaus vor unserem Mietshaus, sitzt, zeigt morgens mit seinen Händen erst immer die Eins. Und dann die Sieben. „Deutsch“, sagt er dann. Und lacht, obwohl ihm nicht zum Lachen ist.
Das 1:7 im Halbfinale der Weltmeisterschaft hat nichts daran ändern können, das Bekenntnis zu König Fußball ist hundert Prozent geblieben. Die brasilianische Meisterschaft läuft weiter in den olympischen Wochen. Samt den Rio-Clubs Flamengo, Botafogo und Fluminense. Aber ihr Stolz hat gelitten. Das 1:7 ist historisch, pure Verzweiflung damals, die bitteren Tränen der Fans, ihre Sprachlosigkeit, ich werde das niemals vergessen. Ein Trauma, das ihnen die Deutschen beschert haben. Amigo, war das wirklich nötig?
Aber sie versuchen, Belo Horizonte den bösen Zauber zu nehmen. Der Kommentar einer brasilianischen Reporterlegende von 2014 ist in Rio zur alltäglichen Floskel geworden: Gol Alemanha – Tor für Deutschland. Die Reporter ziehen es normalerweise begeistert in die Länge, wenn es der Brasilianer erzielt. Trifft der Deutsche, sagt der Reporter tonlos, ohne jede Verve, minimalistisch: Gol Alemanha.
Im brasilianischen Alltag ist Gol Alemanha ein geflügeltes Wort geworden. Wenn ein Malheur passiert, alles Unglück dieser Welt, ein Farbeimer umkippt oder ein Bierglas, oder ein Brasilianer auf einer Bananenschale ausrutscht: Gol Alemanha. Das Spiel werden die Brasilianer trotzdem niemals vergessen.
Die Deutschen, wie gesagt, auch nicht. (Christoph Fischer)