Einkaufen in Brasilien ist besonders. In Deutschland würden Sie, liebe Leserinnen und Leser, vermutlich die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Der Germane bemüht sich engagiert, die Plastiktüte aus einleuchtenden Gründen aus dem Einkaufsverkehr zurückzuziehen. Das sieht der Brasilianer anders.Und das geht so. Man kauft Obst. Man kommt mit, sagen wir, vier Äpfeln an die Kasse. Die Kassiererin schaut freundlich und packt jeden einzelnen Apfel in eine kleine Plastiktüte. Und die vier kleinen Tüten dann noch einmal in eine große Plastiktüte. Wenn man darauf aufmerksam zu machen versucht, dass man die Äpfel auch ohne Plastik im Rucksack mitnehmen kann, reagiert sie streng. Und packt weiter ein.
Vermutlich würde sie es als Zurücksetzung empfinden, wenn man insistieren würde. Selten mit soviel Plastik auf dem Heimweg gewesen. Mülltrennung ist dem Brasilianer auch fremd. Allenfalls zaghafte Versuche werden in unserem Hause von einem älteren Herrn unternommen, der Wert darauf legt, den Hausmüll nochmals zu begutachten, Dass das andere Gründe hat als Umweltschutz, liegt auf der Hand. Alle Flaschen, ob Glas oder Plastik, werden jedenfalls von ihm aussortiert. Er ist ein sehr freundlicher älterer Herr.
Unsere Vermieterin, die Philosophin von der Universität, sagt, in Brasilien habe man allergrößten Nachholbedarf in der Mülltrennung und im Umweltschutz. Wieder begegnen wir in diesem Zusammenhang der suspendierten Staatspräsidentin Dilma Rousseff, die ein umfangreiches Umweltschutzprogramm auf den politischen Weg bringen wollte, es aber nun aus bekannten Gründen nicht mehr weiterverfolgen darf.
Die Müllberge in Rio de Janeiro sind gewaltig. Ich habe mir jetzt vorgenommen, bei meiner Kassiererin mit kleinen Schritten anzufangen. Mein definiertes Zwischenziel ist eine Tüte statt fünf bei vier Äpfeln. Und dann stelle ich meinen Rucksack nochmals zur Verfügung. Das muss zu machen sein. Unsere Vermieterin hat mich engagiert ermutigt, schaute dabei aber nicht aus, als glaube sie an einen kurzfristigen Erfolg. (Christoph Fischer)