Die deutsche Nationalmannschaft steht im Achtelfinale der Weltmeisterschaft. Seit 1986 in Mexiko ist das zwar eine gewohnte Übung, aber im Duell zwischen Bundestrainer Joachim Löw und seinem Vorgänger Jürgen Klinsmann ist das doch eine besondere Note. Das 1:0 gegen die USA war kein fußballerisches Glanzstück im Dauerregen von Recife, aber es war ein solide herausgespielter Sieg gegen eine Mannschaft, die auf dem Weg ist. Das hat Jürgen Klinsmann in Recife selbst festgestellt. Wer Weltmeister werden will, darf sich von den USA nicht aufhalten lassen.
1:0 gegen die USA: Müller ballert Deutschland zum Sieg
RECIFE. Vorteil Joachim Löw, die Erfolgstour nach Rio de Janeiro geht weiter. Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft hat im Dauerregen von Recife einen weiteren Schritt in Richtung Titel absolviert, Löw hat das mit Spannung erwartete Duell mit seinem Vorgänger Jürgen Klinsmann gewonnen, Deutschland spielt nach dem 1:0 (0:0)-Erfolg über die USA am kommenden Montag (22.00 Uhr MESZ) das sechste Achtelfinale des Turniers in Porto Alegre. Das entscheidende Tor in der 55. Minute markierte Thomas Müller mit seinem vierten Treffer in Brasilien, nachdem Torwart Tim Howard einen Kopfball von Bastian Schweinsteiger nach Flanke von Mesut Özil nur abprallen lassen konnte.
Als der große Regen kam
RECIFE. Der Busfahrer wollte nicht. Eigentlich. Es geht nicht, gestikulierte der gute Mann. Hatte die Empfangsdame im Hotel auch schon gesagt. Am Ende fuhr der Bus dann doch. Morgens um acht Uhr Ortszeit in Recife. Der Regen war schon am Vorabend über die Stadt gekommen. Am Morgen des Duells zwischen den USA und Deutschland in der Arena Pernambuco, die außerhalb der Stadt fast unverschämt verschont von den Fluten auf einem Hügel liegt, regnet es immer noch in Strömen. Erinnerungen werden wach an das Halbfinale 1974 gegen Polen in Frankfurt.
Der Showdown von Pernambuco
RECIFE. Vor dem Duell zwischen den USA und Deutschland ist alles gesagt, dem »Showdown von Pernambuco« steht nichts mehr im Weg. Jürgen Klinsmann, der einstige Revolutionär des deutschen Fußballs, steht mit dem US-Team vor einem der größten Momente seiner Laufbahn, sagt er. »Das werde ich nicht mehr erleben, gegen meine ehemalige Mannschaft bei einer Weltmeisterschaft zu spielen. Das ist etwas Besonderes für mich.« Klinsmann wirkt fast ein wenig ergriffen von der Macht des Moments.
Ein Mal im Monat Karneval
VON CHRISTOPH FISCHER
Freunde des Karnevals, fahrt nach Brasilien. Und dort vielleicht gar nicht nach Rio, sondern nach Recife, wo der Frevo zuhause ist. Der Frevo de Rua, der Frevo der Straße, der alle Klassen von Menschen zusammenbringt, der keine sozialen Grenzen kennt. Der Frevo ist stilbildend, irgendetwas Eigenständiges am Rande der Samba, die Menschen laufen heiß, wenn sie ihn tanzen. Sagt Roberto, der uns das Frevo-Museum in der Altstadt von Recife zeigt. Das haben sie gebaut, weil der Frevo und der Karneval in Recife das Leben vielleicht noch mehr bestimmen als in Rio de Janeiro.
Wie groß das Land
Dieses Land ist unvorstellbar groß. Wenn man bedenkt, dass ganz Europa in dieses Land Brasilien hineinpasst, kann man sich ausmalen wie weit man fahren muss, um von einer Stadt dieses Landes in die andere zu kommen. Über 700 Kilometer sind es von Porto Seguro nach Salvador. Und das ist eigentlich eine kurze Entfernung. Wenn man das mit dem Flieger erledigt, kaum der Rede wert. Aber mit dem Auto ist das etwas anderes. Wir haben von den Strapazen berichtet. Erledigt, machen wir nicht noch einmal. Der Europäer hält sich immer für klüger. Stimmt gar nicht.
Gemeinsam gegen Germany
VON CHRISTOPH FISCHER
Das lässt sich nicht wegdiskutieren. Die Konstellation ist einmalig. Und wenn die Nachrichtenagenturen vom „Gemeinsam gegen Germany“ schreiben, ist das einprägsam. Und stimmen tut es auch. In Recife treffen zwei ehemalige deutsche Bundestrainer auf den amtierenden, Jürgen Klinsmann und sein „special advisor“ Berti Vogts auf Joachim Löw.
Feuerwerk für fünf Tore
VON CHRISTOPH FISCHER
Endlich ist die Weltmeisterschaft auch in unserem Dorf angekommen. In Porto Seguro und Umgebung gab es Feuerwerke. Bei jedem Tor, das die Brasilianer beim 4:1 über das ausgeschiedene Kamerun erzielten, haben Brasiliens Pyrotechniker Böller und Raketen in die Luft gejagt. Wie bei uns an Silvester. Was schon ein ziemlich eigenartiger Kontrast zu den Lebensbedingungen in Bahia ist. Aber so ist der Brasilianer. Lebensfreude ist ein hohes Gut.
Richtung Achtelfinale
VON CHRISTOPH FISCHER
Deutschlands Nationalmannschaft kann sich in Brasilien gegen den Erfolg kaum noch wehren. Vor dem letzten Gruppenspiel kann als weitestgehend sicher gelten, dass die Mannschaft von Bundestrainer Joachim Löw nach der Vorrunde Gruppenerster wird und das Achtelfinale in Porto Alegre spielt. Das wird auch Löws Vorgänger Jürgen Klinsmann und die USA kaum ändern können.
Das ist ein großer Erfolg. Wenn auch ein erwartbarer. Auch im Achtelfinale winkt in Belgien, Russland oder Algerien eine Aufgabe, die nicht unlösbar erscheint. Joachim Löws Marschroute stimmt, seine Mannschaft hat bisher die in sie gesetzten Erwartungen erfüllt. Das ist nicht wenig, angesichts der geäußerten Erwartungen aber noch nicht genug.
Jeder in der äußerst selbstbewussten deutschen Mannschaft spricht vom Titel als ausgegebenem Ziel. Drumherumgeredet wird nicht. „Wir sind nicht in Brasilien, um an der Copacabana spazieren zu gehen“, sagt Lukas Podolski, der beim Turnier bisher noch gar nicht zum Einsatz kam.
Löws Auswahl funktioniert, die großen Aufgaben warten naturgemäß ab Viertelfinale. Dennoch scheint die Prognose nicht übertrieben, dass es die deutsche Mannschaft auf jeden Fall wieder ins Halbfinale schaffen kann. Alles andere hängt dann von Nuancen ab. Was nichts daran ändert, dass für den Bundestrainer diese Weltmeisterschaft nur dann ein Erfolg wird, wenn er im achten Jahr seiner Amtszeit endlich den ersehnten Titel gewinnt. Es wäre der vierte für Deutschland. Und für Joachim Löw die Krönung seiner Amtszeit.
Phänomen der „Außenbetrachtung“
VON CHRISTOPH FISCHER
Mats Hummels spricht bei journalistischen Bewertungen des Fußballs gerne von Phänomenen der „Außenbetrachtung“. Wir wollen uns daher ausnahmsweise an dieser Stelle einmal mit Phänomenen der Innenbetrachtung auseinandersetzen, weil die Medienmenschen in Brasilien vom Deutschen Fußball-Bund mehr oder weniger täglich zu Pressekonferenzen gebeten werden. Das ist normal.
Diese Konferenzen werden von den Kolleginnen und Kollegen des Fernsehens übertragen. Fragen werden gestellt. Sie sollten nicht zu kritisch sein und sich möglichst nur mit der sportlichen Situation auseinandersetzen. Privates wird nicht verhandelt, was nachvollziehbar ist, Aufstellungen werden nicht verraten. Und der Bundestrainer, das ist neu in Brasilien, lässt sich selten sehen. Joachim Löw macht sich rar bei diesem Turnier, das für ihn ein entscheidendes ist. Auch das ist vielleicht nachzuvollziehen. Rar machen sich auch die Nationalspieler. Nur selten gibt es die Möglichkeit von Einzelinterviews.
Die Folgen sind immer Spekulationen. Die der Deutsche Fußball-Bund nicht gerne sieht. Die aber unvermeidbar sind, wenn die Verkündungsstrategie von Pressekonferenzen die ist, möglichst wenig zu sagen. Kontrolle auszuüben, harte Kritiker sagen: Zensur. Die Medienmenschen haben sich inzwischen daran gewöhnt. Die Karawane zieht weiter.