Als Rennfahrer unterwegs

VON CHRISTOPH FISCHER

Wir sind zurück in Porto Seguro. Nicht, dass ich klagen will, aber es war nicht ganz einfach. Kollege Michael hat geschimpft mit mir, weil ich die Landstraße von Salvador zurück ins Stammquartier benutzt habe wie qualifizierte Rennfahrer früher die Nordschleife auf dem Ring. Aber der Reihe nach. Im Pelourinho wird normalerweise abgeschleppt, was das Zeug hält. Aber unser kleines weißes Auto, Fabrikat uninteressant, nur soviel: Das Werk steht in Köln, unser kleines weißes Auto also haben sie stehen gelassen. Weil sie genau gewusst haben, die Jungens bestrafen sich selbst.

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Zur Bedeutung von Statistiken

VON CHRISTOPH FISCHER

Früher waren Statistiken im Sport vorwiegend etwas für Basketballer, Volleyballer, Baseballer, Leichtathleten und Schwimmer. Seit im Fernsehen immer mehr Sendezeit für den Fußball aufgewendet wird, ist diese Sportart auch etwas für Statistiker. Menschen wie Joachim Löw hat das zwar nicht zu Freunden der Statistik gemacht, aber die Match Reports bei Fußball-Weltmeisterschaften werden wie in der deutschen Bundesliga immer umfangreicher.

Welche Mannschaft in welchen Teil des Spielfeldes mehr Ballbesitz gehabt hat, wie das Verhältnis von Ecken, Freistößen, Abseitsstellungen, Ballbesitz und effektiver Spielzeit ist, beschäftigt die Statistiker. Das Spiel der deutschen Mannschaft gegen Portugal dokumentiert in einigen Bereichen absolute Übereinstimmungen. Bei den erfolgreichen Torschüssen selbstredend natürlich nicht. Und auch nicht im Ballbesitz und in der effektiven Spielzeit. Und dennoch sind die Statistiken nicht annähernd so aussagekräftig wie das Ergebnis.

Wir wollen jetzt nicht die Sprüche aufzählen, wonach nichts so entscheidend ist wie das, was sich auf dem Platz abspielt, aber ein paar Beobachtungen abseits der Statistik sind doch schon jetzt auffallend bei dieser Weltmeisterschaft. Wir versteigen uns zu der Behauptung, dass das deutsche Spiel das modernste scheint, das spanische wirkt ein wenig überholt, das brasilianische Spiel hat seinen Zauber noch nicht entfaltet, das System von Louis van Gaal und den Niederländern ist beeindruckend und die Italiener leisten sich im Jahre 2014 in dem großartigen Andrea Pirrlo immer noch einen Regisseur alter Prägung.

Deutschland, Italien und die Niederlande spielen bisher als einzige Mannschaften wie Turnierfavoriten. Das muss gar nichts heißen, ganz ohne Bedeutung ist es deshalb aber nicht. Wie die Statistiken eben.

Die Bewerbung von Salvador

VON CHRISTOPH FISCHER
Das war in dieser Dominanz nicht erwartet worden. Der klare Sieg gegen Portugal war nicht nur eine Demonstration der Stärke der deutschen Nationalmannschaft, es war auch eine ernsthafte Bewerbung um den Titel. Selbst Wolfgang Niersbach reagierte überrascht auf den klaren Erfolg gegen den Weltranglisten-Vierten. Freude pur habe auch Bundeskanzlerin Angela Merkel zum Ausdruck gebracht beim Besuch in der Kabine, berichtete DFB-Präsident Niersbach.
Der Anfang ist gemacht. Und die Form des deutschen Teams spricht dafür, dass sie bei diesem Turnier weit kommen kann. Die Defensive spielt weitestgehend solide. Und in der Offensive ist die deutsche Mannschaft von der Konkurrenz nur schwer zu übertreffen. Die Startformation kann Joachim Löw auf fast jeder Position nochmals intensivst dynamisieren, wenn es einmal nicht laufen sollte. Das Projekt mit der »ersten 14« ist die richtige Antwort auf die speziellen Herausforderungen dieser Weltmeisterschaft.
Ein Auftakterfolg gegen Portugal ist noch keine Garantie für Irgendetwas, aber die Souveränität, mit der dieser Sieg herausgespielt wurde, ist mindestens ein so großes Ausrufezeichen wie der Erfolg der Niederländer gegen den Weltmeister Spanien oder der Sieg der Italiener gegen die starken Engländer. Nach vier Tagen zeichnet sich auf jeden Fall ab, dass diese Weltmeisterschaft fußballerisch eine herausragende werden kann.

Schumacher ist ein großes Thema

VON CHRISTOPH FISCHER
Sagen wir es einmal so. Die Fahrt über 750 Kilometer von Porto Seguro nach Salvador zählt bisher zu den anstrengendsten Unternehmungen des brasilianischen Abenteuers. 24 Stunden vor dem Spiel der deutschen Mannschaft gegen Portugal sind wir in unser zweites Hotel weit außerhalb der Stadt gezogen, wo man aus dem Fenster auf das Meer blickt.
Wenn es nicht den kleinen Nachteil geben würde, dass zwischen Meer und Hotel die Schnellstraße Richtung Salvador entlang führt. Entlang donnert sollte man vielleicht besser sagen. Schlafen wird zum Problem. Und die Nacht über fiel außerdem wieder tropischer Regen auf die Stadt. Fernsehbilder zeigen brasilianische Städte unter Wasser.
Uns fehlt schon jetzt die historische Altstadt, das Pelourinho. In der Rückschau ein prägendes Erlebnis der Brasilien-Tour. Sollten Bundestrainer Joachim Löw und seine Mannschaft Gruppenzweiter werden, kommen wir nochmals nach Salvador zurück. Ansonsten war es das, heute Abend nach dem Spiel geht es zurück nach Porto Seguro ins Paradies der deutschen Nationalmannschaft in Santo André. Nach dem 4:0-Sieg gegen Portugal werden die Jungs in bester Stimmung sein.
Schön ist, dass man auch in Brasilien noch den Rest des Sportgeschehens auf der Welt mitbekommt. Mit Lukas Podolski haben wir auch über seinen Freund Michael Schumacher geredet. Und offenbar geht es mit dem in Frankreich ja irgendwie wieder aufwärts. Ist jedenfalls in Brasilien ein großes Gesprächsthema, dass der Legendäre aus Kerpen doch irgendwie irgendwann wieder auf die Beine kommt. Und dass Martin Kaymer aus Mettmann bei Düsseldorf die US Open gewinnt, das macht den Golffreund fast euphorisch. Vor allem den aus dem Rheinischen. Morgen Weiteres aus Porto Seguro.

Feste feiern im Pelourinho

VON CHRISTOPH FISCHER

Dieser Regen in Brasilien. Es strömt und prasselt wie verrückt, Nieselregen kennt der Brasilianer nicht. In der Rua das Portas da Carmo reißen die Sturzbäche fast dieTische um. Aber was kümmert das den Fan aus den Niederlanden, wenn die eigene Mannschaft den amtierenden Weltmeister Spanien in der Neuauflage des Finales von 2010 mit 5:1 aus der Arena Fonte Nova fegt. „Hast du das gesehen“, fragt Peter aus Nijmwegen immer noch ungläubig. Der Mann kann sein Glück kaum fassen. Er ist seit Jahren mit der Nationalmannschaft seines Landes unterwegs. Ein solches Spiel hat er aber noch nicht erlebt. „Das ist Louis van Gaal, es gibt keinen besseren“, sagt Peter voller Überzeugung.

Frühmorgens um 6 Uhr im Pelourinho. Noch nichts los, wo abends das Leben pulst. Foto: Fischer

Frühmorgens um 6 Uhr im Pelourinho. Noch nichts los, wo abends das Leben pulst. Foto: Fischer

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Boulevard Bahia

VON CHRISTOPH FISCHER

Der Boulevard pulst jetzt im Zentrum der Region, in Salvador de Bahia. Weil wir Porto Seguro für drei Tage verlassen haben. Und das kam so. Am Freitagabend spielten die Niederlande gegen Weltmeister Spanien, eines der aufregendsten Spiele der Vorrunde in Brasilien. Dachten wir. Und es kam auch so. Nur mussten wir mit dem Auto von Porto Seguro nach Salvador. 750 Kilometer. Über Landstraße, lieber Leser. Autobahnen kennt der Brasilianer nicht. 6.30 Uhr los, 14.30 Uhr in Salvador, acht muntere Stunden auf der Piste ohne Pause. Weiterlesen

„Ich mag die großen Momente“

AUS SALVADOR BERICHTET CHRISTOPH FISCHER

Das deutsche Schicksal ruht wieder auf gesunden Schultern. Manuel Neuer sitzt auf dem Podium in der Arena Fonte Nova in Salvador und strahlt Zuversicht aus. „Vor einem großen Spiel weiß man nie, wo man steht, nachher ist man immer schlauer“, sagt die Nummer eins der deutschen Nationalmannschaft. Neuer ist es vorher. Dass er gegen Portugal am Montag (18 Uhr MESZ/ARD) spielt, ist keine Debatte mehr. „Es geht mir gut, ich bin fit, ich habe intensiv trainiert, alles hat gehalten“, sagt Neuer. Die deutsche Nummer eins ist bereit „für das erste Finale dieser Weltmeisterschaft“. Weiterlesen

Die Kraft des Moments

VON CHRISTOPH FISCHER

Manuel Neuer hat es gesagt, die deutsche Nummer eins mag Turniere wie die Weltmeisterschaft, er mag den Druck und er mag die großen Momente. Es ist dieses spezielle Selbstbewusstsein, dass diesen Torwart auszeichnet. Bis zuletzt hatte es Zweifel gegeben, ob die Zeit nach der Verletzung der Schulter ausreicht. Offenbar reichte sie aus. Entgegen aller Erfahrungen mit Kapseleinrissen im Schultereckgelenk.

Neuer ist dabei. 24 Stunden vorher strahlen der Torwart und der Bundestrainer extremen Siegeswillen aus. Das muss bei einem Favoriten auch so sein, alles andere stellt die falschen Weichen. Und die ersten Spiele dieser Weltmeisterschaft haben eindrucksvoll gezeigt, auf welchen Niveau in Brasilien Fußball gespielt wird.

Dieser Neuer hat keine Angst. Und die anderen haben sie auch nicht. In Brasilien ist endlich der Zeitpunkt gekommen, wo die Diskussionen der berufenen und selbst berufenen Experten vorbei ist. Der dreimalige Weltmeister muss jetzt zeigen, ob er wirklich in der Lage ist, den vierten Titel in Angriff zu nehmen. Es ist vielleicht ein Vorteil, dass der erste Gegner Portugal ist. Die Bilanzen sind positiv, aber das muss bei einer Endrunde nichts heißen.

Der Bundestrainer hat nochmals gesagt, dass er Statistiken nur untergeordnete Bedeutung zumisst. Es kommt bei einem Turnier darauf an, im richtigen Moment die richtigen Leute auf das Spielfeld zu schicken. Löw hat seine Aufstellung lange im Kopf, unabhängig von der Verletzungsproblematik. Und Löw war immer sicher, dass die Verletzten rechtzeitig fit sind. Die Rechnung scheint unerwartet aufzugehen. Mehr kann man nicht sagen, aber auch nicht weniger.

Gewöhnungsbedürftige Mitternachtsklassiker

Ein Klassiker zwischen  0 Uhr und 2 Uhr in der Nacht, live und nicht irgendeine Aufzeichnung bei Eurosport oder Sport 1 – das ist für den geneigten Fußball-Fan durchaus gewöhnungsbedürftig. Der fachkundige Blick kommt da schon immer wieder mal ein wenig verschlafen daher. Wer sich allerdings die Partie am Sonntag zwischen England und Italien (1:2) ausgehen hat lassen, der hat definitiv etwas verpasst. Von wegen zähes Ballgeschiebe angesichts der fußballunwürdigen Verhältnisse im tropischen Manaus. Die Trikots waren zwar nach einer Viertelstunde bereits durchgeschwitzt, der Attraktivität des Duells tat das allerdings keinen Abbruch.

Und überhaupt: Lahmen Fußball gab’s bei der WM noch überhaupt nicht zu sehen. Und Tore sind ja auch schon reichlich gefallen – viel mehr, als das die Experten im Vorfeld prophezeit hatten. Da macht das kleine Sportfest in Südamerika doch richtig Spaß – auch wenn man sich immer wieder die Nacht um die Ohren hauen muss. Weiter so, Jungs!

Sommermärchen reloaded

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Mit Thomas Müller würden die fans am liebsten im Autokorso feiern

Mit Thomas Müller würden die fans am liebsten im Autokorso feiern FOTO: dpa

Das Sommermärchen der WM 2006 hat Deutschland verzaubert. Nun läuft die nächste Fußball-Weltmeisterschaft – und die Fans schmücken ihre Autos mit Flaggen, Schals und Tröten. Sollte die Nationalmannschaft diesmal den Traum wahr werden lassen und Weltmeister werden, würden fast drei Viertel der Deutschen gern mit einem der Spieler Autokorso fahren. Der beliebteste Beifahrer ist Double-Gewinner Thomas Müller (18,35 %) von Bayern München. Auf Platz 2 mit nur einem Prozent weniger Zustimmung folgt Mannschaftskollege Manuel Neuer (16,89 %). Weiter geht es mit den „Sommermärchen“-Stars Philipp Lahm (15,31 %), Bastian Schweinsteiger (15,07 %) und Lukas Podolski (15,05 %) auf den Plätzen 3 bis 5. Dies sind Ergebnisse einer Umfrage der AachenMünchener Versicherung unter 1.000 Bundesbürgern.